Dienstag, 4. Mai 2010

fast vergessene jahrestage

jeden morgen, nachdem die männer aus dem haus sind, führt mich der weg zur kaffeetasse und dem computer. einige minuten um die ersten emails zu lesen, etwas surfen, noch vor dem weg zur arbeit. so auch heute morgen. und auch einen blick in die welt des facebooks.

faszinierende plattform, kurz gesagt, aber in details will ich mich jetzt nicht vertiefen, das ist eine andere geschichte. auf jeden fall schaue ich immer in der früh die statusmeldungen meiner "friends". es ist wirklich faszinierend und teilweise eigenartig, was einige der welt mizuteilen haben, aber auch das ist eine andere geschichte.

die erste statusmeldung bzw neugikeit einer alten studienkollegin aus innsbruck  heute war ein video, ein altes, nostalgisches lied meines lieblingssängers "triput sam video tita", zu deutsch, "ich habe tito drei mal gesehen". ok, ein anfall von frühmorgenlicher nostalgie denke ich mir. der nächste: ein titozitat. ich werde langsam stutzig. der nächste freund klärt mich endlich auf: es ist titos todestag, heute vor 30 jahren! ok, langsam kommen bilder hoch.

ich bin in einem land geboren, welches es als solches heute nicht mehr gibt. es ist ein komische gefühl, denn einiges ist noch so lebendig. die jahre meiner frühesten kindheit, also die 70er, scheinen die goldenen jahre für das land gewesen zu sein und bis heute scheint uns kinder dieses landes eine nostalgie zu verfolgen. ist es die figur titos? alles, was für diese zeit steht? die schönen jahre, eine wunderschöne kindheit, meine familie, das allgemeine zusammengehörigkeitsgefühl? oder einfach die reflexion der vergangenheit aus heutiger sicht, nach allen ereignissen der 90er jahre? keine ahnung...so vieles, was man kaum erklären kann...

aber an den 4. mai 1980 kann ich mich teilweise noch genau erinnern, obwohl ich erst 6 war. dass tito krank war, hatte ich mitbekommen, auch wenn in unserem haus nicht viel über politik gesprochen wurde. mein vater war satiriker und journalist, immer am aktuellen interessiert, hatte jedoch aus staatssicht - ja, auch das gab es hin und da dort - die "falsche" geheiratet. eine aus einem anderen, nicht gerade "gutem" land. somit war die sache politisch nicht immer einfach und der beruf meines vaters bracht keine vorteile.

an diesem 4. mai nun verlief alles wie immer, an details untertags kann ich mich nicht erinnern. am abend aber, genau um 19:15, durfte ich wie immer den fernseher einschalten. zeichentrickfilme liefen da immer, 15 minuten bis zu den nachrichten. ein heiliger termin, denn ich in den ersten jahren meiner kindheit wohl nur dann verpasst habe, wenn es sich absolut nicht vermeiden ließ. und an diesem abend... denn... der eigeschaltete fernseher blieb schwarz. ich musste schlucken. schaltet ihn noch mal aus und dann wieder ein. nichts. das geräusch war da, das rote lämpchen ebenfalls, nur kein bild. hilfesuchen habe ich meinen vater geholt.

mein lieber vater war kein mann grosser worte. langes erklären war nie sein ding, er war geduldig, aber knapp in seinen aussagen und oft erfrischend offen. er schaut sich das gerät an und meine nur trocken und kurz: "entweder das ding ist kaputt oder tito ist gestorben!"

15 minuten später sollte sich zeigen, dass seinen zweite vermutung richtig war, der fernseher war durchaus funktionstüchtig, zeigte jedoch in den nächsten tagen in erster linie menschenmassen, den blauen zug, einen sarg und jede menge fremde staatsmänner. wir gingen nicht viel aus dem haus, da wir im zentrum wohnten und das chaos enorm war. aber alle diese bilder, die man sich heute bei youtube anschauen kann, habe ich live gesehen... schwarz-weiße erinnerungen ziehen an mir vorbei...

hat es mich wirklich berührt damals? nicht wirklich, ich war wohl zu jung. auch spührte ich bei meinen eltern keine trauer, außer einer wachsende angst, was nun aus dem land wird. mein vater - wieder mal trocken - meine nur: "es wird auseinanderfallen". er hat leider recht behalten und es hat ihn tief geschmerzt, dieses auseinanderfallen beobachten zu müssen.

heute, so viele jahre später in einem fremden land muss ich hin und da an diese momente schon denken. bei der ganzen rationalität und kritik meiner eltern habe ich doch irgendwie das gefühl, diese wunderbare frühe kindheit hat auch mit ihm, dem "marschal", zu tun. und auch wenn ich einige seiten der medaille kennen lernen durfte und ich auch beruflich kritisch sein muss, schlucke ich bei dem von meiner studienkollegin verlinktem lied schwer. und spätestens bei der zweiten strophe fliesst regelmässig eine einsame träne. weniger um "ihn", als um die wunderbare zeit, das land und die art, wie es schlussendlich auseinandergefallen ist.

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