Montag, 23. März 2015

von der zeit

das jahr ist fast 4 monat alt und ich habe keinen einzigen beitrag geschrieben. zu einem passiert viel zu viel, einige ereignisse überschlagen sind gerade zu, die tage sind intensiv, kurz, ermüdend, energieraubend. und dann ist abend und jeden tag aufs neue fehlt etwas, was so wichtig wäre fürs schreiben dieses blogs: zeit.

wie schnell diese vergeht. jeden tag aufs neue wundere ich mich, dass es schon abend ist, dass es schon fast morgen ist. es kommt mir vor, dass sie seit ich mutter geworden bin, noch schneller vergeht und überhaupt habe ich in den letzten 1,5 jahren immer zu wenig davon. um alles zu erledigen, was gemacht werden muss. um alles zu tun, was ich gerne tue. und in erster linie menschen zu treffen, die ich liebe, die ich gerne sehen oder wenigstens hören würde, quer durch die welt. nie hatte ich so wenig zeit für liebe menschen, wie in den letzten jahren. nie habe ich mich weniger bewegt um freundschaften quer durch die welt zu pflegen. und während ich meinem alltag nachjage, mit müde und not menschen hier treffe, die ich gerne habe, leben so vielen menschen, die mir wichtig sind weit weg. einige mit mir wenigstens virtuell verbunden, aber viele leider nicht mal das. ein telefonat von zeit zur zeit wäre an sich kein problem, wenn ich nicht oft erst nach 23 uhr dazu kommen würde und überhaupt, auch das braucht die all gegenwärtige und oft schon verhasste… zeit.

und dann bekommt man eine email und versteht, dass so nah, nur 2 stunden von hier entfernt, die zeit für jemanden abgelaufen ist. dann liest man in einem verteileremail meines berufs, dass jemand, der mal meinem herzen ganz nah war und bis heute einen besonders großen platz dort einnimmt, einfach weg ist. gestorben. umgefallen und aus. einfach so. die zeit ist zu ende.

einer meiner lieblingskollegen, einer meiner engsten freunde dort, einer meiner vertrauten, mein wahrer doktorvater, eine seele von einem mensch, ein feinfülliger, zarter, lieber mann, der mir in meiner lebensphase am see in süden so viel kraft, unterstützung und liebe entgegen gebracht hat. jemand, der in einer der schwesten phasen meines lebens immer an mich geglaubt hat, der zu mir gestanden ist und der sich für mich auf die hinterbeine gestellt hat, so, wie er sich - laut älteren kollegen - nie für sich selber eingesetzt hat. er war in diesen jahren immer für mich da. er war da, als ich meine diss geschrieben habe, als ich sie verteidigt habe, bei jeder geburtstagsparty, als wir hochzeitsfeier hatten, eigentlich immer, wenn es wichtig, aber auch unwichtig war. einfach so mal, wie zwei. davor in seinem büro, danach, nach seiner pensionierung im cafe, im gasthaus, wo auch immer. immer wieder ein fest, sogar wenn es ganz kurz war. immer wieder hat er meine seele mit positiver energie gefüllt.

in den letzten jahren haben wir uns nicht gesehen. immer wieder habe ich an in gedacht, immer wieder mit gewünscht, ich hätte die zeit zu ihm zu fahren. immer wieder habe ich andere sachen vor diesen wunsch gestellt. in den letzten wochen habe ich intensiv an ihn gedacht und ihn anrufen wollen. auch da habe ich erlaubt, dass mir die zeit dazwischen pfuscht.

und nun ist keine zeit mehr. keine zeit mehr ihm nochmal zu sagen, wie wichtig er für mich war, keine zeit mehr ihm zu zeigen, dass ich ihn nicht vergessen habe. keine zeit mehr, mit ihm in der sonne zu sitzen und etwas zu trinken, zu reden, aber auch zu schweigen, denn das war mit ihm möglich und es war so schön. so wenig zeit hätte es gebraucht und so wenig hatte ich.

nächste woche werde ich mir die zeit nun nehmen und werde hin fahren, um ihn zu verabschieden. um ihm wenigstens symbolisch noch mal einiges zu sagen. um die zeit, die er auf dieser erde war mit anderen freunden abzuschliessen und sich seiner zu erinnern. und ich hoffe nie zu vergessen, dass oft die zeit jetzt zählt und dass man menschen, wenn man an sie denkt, unbedingt dann, in dieser sekunde anrufen sollte. ihnen sagen sollte, was man denkt und fühlt. denn die zeit ist unerbittlich und überfährt irgendwann alles. sich die zu nehmen, sollte die kunst sein, ich die offenbar noch lernen muss.

gute reise mein freund! ich werde dich so unendlich vermissen.