Samstag, 5. Januar 2019

von familienbande

die letzte wochenende der freien liegt vor uns, ab montag hat uns der alltag wenigstens teilweise wieder. mann hat trotz schneefall, husten vom kind und meinem unwillen kind, hund und ein auto voller unnötigem zeug gestern zu seinen eltern auf den berg verschleppt, ich habe mich dieses mal erfolgreich geweigert die wohnung zu verlassen. somit genossen sie die letzten tage im metertiefen schnee auf dem berg und ich die stille in der wohnung mit entmisten, lesen und lieben freunden. irgendwie doch eine win-win situation, wie ich finde.

trocken gesagt, muss ich es so nehmen. während ich gestern alte beiträge hier auf dem blog gelesen habe, musste ich feststellen, dass ich noch nie über familie geschrieben habe, vor allem nicht über diese, die hier, im land, in dem wir leben ebenfalls wohnen. ich glaube, es war bis jetzt ein bewußtes davon drücken, eventuell hat es sich aber auch nicht ergeben. was ich jedoch weiß ist, dass die familienbande, die uns umgibt, ein gesamten blog fühlen könnte und mehrere abendfüllende filme, sei es als komödie, tragödie, tragikomödie oder bollywood film mit überlänge. wenn ich so bedenke, wäre die verbindungen davon, eine art lateinamerikanische seifenoper (im hiesigen dialekt) wohl die beste plattform. ich denke, dass das der wahre grund war, dieses schien unmögliche unterfangen in einem blogeintrag darzustellen.

eines seit hier mal klar gestellt: ich bin ein großer fan von familie, vor allem von großfamilien, mit tanten, onkeln, cousinen xten grades, angeheirateten menschen und ihren kindern, kindeskindern und stiefurenkeln. ich liebe laute familientreffend, chaos, unmengen an essen, irgendwann die unvermeidlichen streitmomente, die dann wieder so schnell wie sie aufgeflammt haben, auch gelöscht werden. keine großen dramamomente, aber doch einfach... lebendig und authentisch. ich denke mir das alles auch nicht aus, denn so schaut die balkanfamilie aus, meine verwandtschaft väterlicherseits. auch wenn es immer weniger große treffen gibt, wir quer durch die welt verteilt sind, die alten wirklich alt sind und großteils auch nicht mehr leben, wenn wir zusammen sind, ist es ein fest. und ich geniesse es mit jeder faser meines daseins. kind hat leider wenige große treffen erlebt, aber wenn doch mal welche stattgefunden haben, hat er gezeigt, dass er mit uns eindeutig verwandt ist. er geht in der menge auf, wirft sich menschen um den hals, die er einmal im jahr siehst, spricht über seine familie, liebt sie und fühlt sich, je größer die runde, sichtlich wohler. alleine von der stiefurgroßmutter (vor einigen monaten 108 geworden) hat er von anfang an angst, was ich ihm nicht wirklich verübelt kann. sie meidet er tunlichst und da sie ist seit mehreren jahren nur noch im bett liegt, ist dies auch nicht schwer. im großen und ganzen kommen wir nach jedem besuch voller positiver energie zurück, denn egal was passiert, egal wie wir sind, egal wie wir uns benehmen, wir werden geliebt. weil wir familie sind. und so sollte es sein.

auch die bessere hälfte wurde schon beim ersten besuch sofort umarmt, geküsst und nach minuten akzeptiert. der mann, den ich liebe, gehörte sofort zu ihnen und dies wurde nie hinterfragt. die tatsache, dass es selbst doch auch ein recht sympathischer kerl ist, machte es natürlich noch leichter, aber auch wenn nicht, hätte niemand irgendwas gesagt. er gehörte zu mir, somit auch zu ihnen.

lustigerweise lernte ich seine herkunfsfamilie erst später kennen. an einem nebligen novemberwachende vor vielen, vielen monden stand ich vor einem kleinen haus in den alpen, in meinen besten klamotten damals und läutete an die tür. spätestens hier hätte ich mir das publikum, welches "neeeeeeeeein, geht nicht rein" gewünscht, die frage ist nur, ob ich überhaupt gehört hätte. draussen war alles weiß, denn der neben lichtete sich das gesamte wochenenen nicht, drinnen wurde ich empfangen und wie eine kuriosität betrachtet. ein höfliches händeschütteln, ein viel zu schnelles "du" von seinen eltern, ein von oben bis unten permanent betrachten von seiner schwägerin. ich, naiv und von meiner großfamilie nun mal anders erzogen, nah sie so, wie ich es nun lernt habe, offen und ehrlich... denn ich kam ja, um die familie meines zukünftigen mannes kennen zu lernen, ich wollte ein teil von ihnen sein, ich wollte sie lieben. tja... fehler...und die spiele haben somit begonnen...

viele jahre sind seit diesem wochenende vergangen und ich bin durch sämtliche phasen des staunens, hinterfrages, später der wut und trauer durchgegangen. meine anfänglich naiven "warum?" fragen bleiben offen, mit der zeit habe ich verstanden, dass man das dort nicht fragt. meine versuche mich zu distanzieren, gerade am anfang fast unmöglich. miteinander reden, eine kunst für sich. während ich doch immer dafür bekannt war, klar und deutlich sagen zu können, was ich denke und fühle und das auch immer respektvoll versucht habe, ist alles, was meine irgendwann schwiegereltern hören "bla, bla ginger!" seine eigene meinung zu haben, die sich gott bewahre von ihrer unterschiedet, unerhört. das  bedeutet sie zu beleidigen und zu "beschimpfen". tja, ja und amen lag mir noch nie. einmischungen, die schon vor der hochzeit so massiv waren, dass ich es kaum fassen konnte, beleidigungen, intrigen, dummheiten waren jahrelang auf der tagesordnung, hätten wirklich besser in eine seifender gepasst als in die realität. die meiste zeit konnte ich es nicht fassen, dass das alles nicht ein schlechter roman, sondern meine "neue familie" ist.

seit kind da ist, habe ich mich noch mehr bemüht, dass das kind wenigstens seine großeltern kennt, zumal die schwägerin vom mann es irgendwann geschafft hat, den umgang der brüder zu sabotieren. mein sohn sah seinen onkel und cousins somit das erste mal mit fast 5 jahren. aber egal wie sehr ich mich bemühe, mars und venus sind verwandter als wir. wenn ich schweige, passt es nicht, wenn ich rede, reisse ich das gespräch an mich und das ist klar auch nicht ok. wie ich das kind erziehe, passt nicht, ich ernähre ihn nicht gut, er wird zu wenig angezogen, die wahl des kindergartens, der schule, der schuhe, der unterhosen, alles, aber auch alles, ist anders und nicht passend. der autistische großvater, der de facto kaum in kontakt treten kann und die putzwütige großmutter, sind eine schwere nuss. kind fühlt das natürlich auch. während der sich auf dem balkan von jeden küssen und drücken lässt, gibt er seiner hiesigen verwanschaft, so wie er es von ihnen brav gelernt hat, die hand. die lächerlichkeit der situation, ist ihm auch schon längt bewußt, aber das ist nun der weg, wie sie es machen. und dennoch, bemühe gerade ich mich um den kontakt zu ihnen. ich denke an jeden geburtstag, jeden feiertag, kaufe seit fast 15 jahren für jeden von ihnen die geschenke, motiviere das kind anzurufen, lade zum geburtstag vom kind ein, erinnere den mann, dass geburtstage sind, dass er treffen organisieren sollte, seine eltern und seinen bruder zu diversen veranstaltungen und auftritten vom kind einladen sollte, verschiebe urlaube, weil jemand geburtstag hat (zu dem wir dann oft nicht mal eingeladen sind) etc. etc.... ehrlich, ich bin es müde.

ich bin mir sicher, dass kind von ihnen geliebt wird, das ist hier nicht die frage. na ja, wenigstens von den großeltern. aber die distanzierung, die kälte, das gefühl, eben nicht geliebt zu werden, weil man zur familie gehört, ist dort extrem. und letztes jahr einfach für meine im moment extrem sensible seele zu viel des guten.

so saß ich vor knapp einem monat bei einem "familienessen", schwiegereltern, schwager mit familie und wir und "feierte" den geburtstag des schwiegervaters. ich war richtig krank und konnte kaum sprechen, aber ja, es ist eine familienfeier, da geht man trotzdem hin. vollgepumpt mit medikamenten, aber ich war dort. de facto hätte ich es aber lieber gelassen, denn es gab mit sicherheit leichenschmäuse, die lustiger und unterhaltsamer waren. kind war klug und hatte ein buch eingesteckt,  welches ich ihn auch lesen ließ, auch wenn es unhöflich war, denn niemand, aber auch niemand, sprach mit uns mehr als zwei worte. einige nicht mal das. und während ich mich nach meinem bett sehnte und essen verschlang, welches für mich ob der medikamente de facto keinen geschmack hatte, beschloss ich, es reicht.

ich muss nicht ein teil dieser familie sein, die mich seit mehr als einem jahrzehnt so offensichtlich nicht will. ich muss somit auch nicht mehr zu jedem treffen, ich muss keine geschenke kaufen für menschen, die mir teilweise noch nie was geschenkt haben, ich muss nicht dafür sorgen, dass sie eingeladen werden zu event, zu denen sie das kind auch schon längst weder erwartet noch dabeihaben will. ich erwarte nichts mehr und gebe auch nichts. ich bin höflich und distanziert, so wie man nun mal ist, zu menschen, die man kaum kennt. denn familie funktioniert anders. somit sind kind und mann das erste mal seit längerer zeit alleine zu den großeltern hingefahren, sie geniessen den schnee und ich gewisse hier eine saubere wohnung und liebe freunde. win, win.

lustigerweise stand genau heute auf dem kalender, den ich von einer lieben freundin bekommen habe (danke liebe u. noch mal an dieser stelle) der folgende sprich: "familienleben ist das beste band. otto von bismarck." ja, ist es. und ja, familie ist überhaupt das tollste und schönste, was man haben kann. aber wer sagt, dass "familie" aus menschen bestehen muss, die mit einem verwandt oder verschwägert sind? denn, wie richard bach mal meinte (egal, ob es etwas pathetisch klingt, ich mag ihn):




(zitat/bild von: https://izquotes.com/quote/richard-bach/the-bond-that-links-your-true-family-is-not-one-of-blood-but-of-respect-and-joy-in-each-other-s-208403)


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