Montag, 20. November 2023

von alten, neuen wegen

täglich grüßt das chaosmurmeltier. der blog liegt schon wieder brach und nichts passiert, obwohl so vieles passiert. täglich denke ich daran, hier endlich wieder zu schreiben und täglich passiert hier nichts.

das jahr neigt sich dem ende zu. gut so. die großen hoffnungen aus der besondere jahr mit drei am ende wurden schon bald eher enttäuscht und das jahr war in erster linien mühsam. ich hoffe auf ein noch tolles finale und warten schon sehnsüchtig auf das neue jahr.

eine sache, die das jahr, in welchem ich und viele aus meinem freundschafs- und familienkreis runde geburstage gefeiert haben (und noch feiern werden) ist meine kleine rückkehr in die vergangenheit, den ein kleiner, für viele sogar ungedeutender arbeitsauftrag, führt mich einmal die woche in die kleine stadt im süden, wo ich wohl die schönsten jahre in diesem land verbracht habe. 

als die bessere hälfte und ich uns kennengelernt haben, haben wir in zwei verschiedenen städten gelebt, er in der, in der wir jetzt leben und ich eben im süden, in der kleinen stadt am see, wohin mich mein erster traujob geführt hat. war diese stadt jemals auf meiner liste der wunsche? nein. war der job mein traum? oh, ja. also habe ich gepackt und bin aus dem westen in den süden, in eine mir völlig unbekannte stadt, zu der ich keine beziehung hatte. 

wer mich kennt weiß, dass umziehen für mich keine kunst ist. dank meiner nomadenmutter haben wir diese übungen schon sehr oft im leben gemacht, mal mehr, mal weniger erfolgreich am anfang, aber am ende gab es meist happy end. das zahlreiche enwurzeln hat mir kaum geschadet, meist bin ich schnell geheilt und habe wieder wurzeln geschlagen, zugegebenermassen nie zu tief, weil wer weiß, wann sie wieder los möchte. neue sprache? nur kurzfristig ein problem, ich habe sie oft blitzschnell gelernt? neue freunde? tja, was soll man machen, wenn man ein extrem geselliger typ ist, man lernt wieder leute kennen, man fängt wieder von vorne an. immer und immer wieder wurde ich zu neuen wohnorten gezwungen, auch gut, es ist ein teil meiner biographie.


in die kleine stadt am süden bin ich freiwillig gegangen, da ich meinen traujob bekommen habe. es war ein ungewöhnliches, aber ein zauberhaftes gefühl. es war mein freier will, ohne zwang von aussen, ohne ein MUSS, es war ein WILL. war ich die erste zeit einsam? oh, ja. war es am anfang leicht? nein, absolut nicht, aber ich war jung, offen für neues und hatte das privileg, meinen absoluten traumjob zu machen, wieviele leute können das von sich behaupte. 

verstehen wir uns nicht falsch, die kleine stadt ist, so wie viele andere städte in diesem land, echt provinz. auch wenn landshauptstadt, dennoch klein, übersichtlich und ja, auch provinziell. das hat mich jedoch nie gestört, weil meine kleine welt so wunderbar war. job, freundeskreis, wohnung, stadt, alles was so, wie ich es mir gewünscht habe, es war von mir gewählt, von mir gestaltet, von mir so geliebt. als die bessere hälfte in mein leben kam, schien es geradezu kitschig perfekt zu sein, alles passte, so konnte es bleiben. tja...

womit ich nicht gerechnet habe, ist die sturheit, die in mein leben kam, so fand ich mich, bevor ich überhaupt mich umdrehen konnte, in dem leben hier und meine kleine provinzielle stadt war plötzlich weg. wenn auch nicht weit, habe ich anfänglich bewußt gewählt, nicht hinzufahren, denn es tat zu sehr weh, zu sehr habe ich mich bemüht, hier anzukommen. meist tat dies nur weh und war ein fehler, das weiß ich schon länger, auch wenn ich es mir nicht zugeben wollte.

zeitsprung nach 2023, oktober. ein kleiner arbeitsauftrag führt mich nun einmal die woche für einen tag, ab märz dann für zwei tage, in meine kleine südliche stadt. während die ersten paar mal alles tun aus schmerz bestand, ist nun der tag mein kleiner urlaub jede woche, der tag, wo ich zu mir selbst reise, wie in einer kleinen zeitreise. alles ist gleich und dennoch so anders. aber es fühlt sich so bekannt an, es schaut gleich aus, es riecht bekannt, es umarmt mich wie ein alter freund. die sehnsucht ist groß, diese umarmung für mehr als nur für einen, zwei tage zu geniessen, realität ist es aber, dass dies unmöglich ist. jetzt auf jeden fall. für immer? ich hoffe nicht. wenn es nach mir ginge, packe ich morgen und ziehe um. nicht ein letztes mal, davon bin ich überzeugt, aber mal für eine zeit. und jeder weitere umzug wird nur noch freiwillig, nie wieder anders. darf man von zeit zur zeit egoistisch sein? absolut. dieser plan ist mal fix, wenn dieser realisierbar ist, werden wir sehen. 

bis dann geniesse ich meine kleine reise in die vergangenheit und mache sie zu wenigstens teilweise meinem alltag. ich atme jede woche den tag wie eine frische, kalte brise, die mich zart umarmt und schöpfe kraft für den rest der woche. 


Donnerstag, 21. September 2023

von momenten, wo die zeit stehen bleibt

mitte september. eigentlich fast ende. mein runder geburstag liegt schon hinter mir, auch der vom mann im mai. der sommer ist hoffentlich wirklich vorbei, ein wunderschöner urlaub liegt ist ebenfalls verangenheit. so vieles ist passiert, so wenig gibt es dennoch zu erzählen. so sehr habe ich im moment meine mitte verloren, dass ich täglich kämpfe, aus dem bett zu kommen und stelle wieder mit bedauern fest, dass dies mein zweiter beitrag heuer ist bzw wird, sollt dieser, im unterschied zu vielen anderen, wirklich publiziert werden. 

das besondere jahr mit 3 hinten, das jahr, welches für mich, meinen mann, meinen halben freundschaftskreis, aber auch für die halb verwandschaft, einen runden geburstag mit sich bringt, hätte ein zauberhaftes werden sollen. ein jahr, in dem wir feiern, uns selbst, aber auch alle anderen wunderbaren menschen in unserem leben. ein jahr der freude, der dankbarkeit, des festes. einiges ist uns gelungen. der 60er der lieblingscousine, der 90er der lieblingstante, der 50er der besseren hälfte. geschafft. es war toll und besonders. mein 50er, tja, nicht so sehr. denn die letzten wochen, in die auch mein geburstag gefallen ist, haben mir wieder gezeigt, wie sehr das leben de factoein "randzustand" ist. auf dem rand zwischen freude und leid, lachen und weinen, leben und tod. plötzlich bleibt die zeit stehen. luftleerer raum, in mir, um mich herum. 

normalerweise funktioniere ich in krisensituationen perfekt. mein gehirn, wie man mich immer aufzieht, das einer sternzeichen jungfrau person, ewig nachdenkend, setzt in den überlebensmodus ein und ich funktioniere. von aussen ruhig und konzentiert, löse ich ein problem nach dem anderen. und dann kommt die nacht, in der mein gehirn weiter rattert, arbeitet, mich nicht zu ruhe kommen lässt. schon mehrere wochen. schlaf ist hier mangelware, ich versuche alle fäden in der hand zu halten und es gelingt mir großteils die auch nicht fallen zu lassen. zwischen krisenherd, zu hause, arbeit, tieren, alles irgendwie halbwegs abzudecken. halbwegs. denn die wohnung schaut aus, als wären wilde tiere durchgerannt, die wäsche stappelt sich, wir essen, was gerade da ist und ich warte, bis die zeit endlich weiter geht, bis ich endlich wieder das gefühl haben werde, zu leben und nicht in der krise zu stehen. 

ein lichtblick, der mich besonders freut, ist das pubertier. anders als ich, die nur nach außen positiv bin und völlig anders als die bessere hälfte, der in der krise die "vogelstraußmethode" anwendet, ist der junge mann ruhig, stoisch und optimistisch. nicht gespielt, er strahlt das alles aus. das eine oder andere mal nimmt nun er mich - mein kind und nicht mein vater- in den arm und tröstet mich. groß und stark wie er ist, ist er wirklich wie ein ruhiger hafen, in dem ich versinke. was für ein glück für ihn, dass er krisen so meistert. ich wünsche es ihm, dass das immer so bleibt und ihn diese ruhe sein ganzes langsam leben begleitet.

langsam, sehr langsam, bewegt sich die zeit. während ich noch vor einigen tagen nur ein schwarzes loch vor mir gesehen habe, beginne ich langsam durchzuatmen. nicht völlig, man könnte ja doch noch überrascht sein, aber etwas luft ist da und es tut richtig gut. wie lange es noch dauernd wird, bis meine lunge völlig frei ist, werden wir sehen. aber es wird. irgendwann. 

wenn ich pathetisch enden will, würde ich sagen, geht jetzt hin und umarmt und knuddelt eure liebsten. aber pathetik liegt mir von natur aus nicht. viel mehr kommt mir der letzte satz meiner lieblingsbücher in den sinn, der letzte, kurze satz der harry potter reihe. wer ihn nicht kennt, schlagt ihn nach. genauso wird es sein. irgendwann. 


Sonntag, 30. April 2023

vom nest verlassen, wenigstens für eine kurze zeit

neues jahr, schon vier monat alt, noch ein tag und auch der april ist vorbei. frühling vor dem fenster, neues semester, relativ "neue" arbeitstelle mit neuen räumen. ein neue intensive weiterbildung, die mir fast jedes wochenende verschlingt. ein frischer "neuer" 15 jähriger zu hause. und ich, so gar nicht neu, sondern eher in alten mustern. viel zu viel arbeit, viel zu wenig zeit für aktivitäten, die spaß machen. viel zu wenig energie, weil das verdammte virus, weltberühmt, mich seit herbst zu einer hustenden, schniefenden, elenden existenz gemacht hat, die von montag bis freitag arbeitet und spätestens am samstag wortwörtlich keine luft bekommen. soweit so gut. der erste beitrag für dieses jahr, längst schon überfällt. 
am donnestag früh, ich war etwas spät dran, weil mir das frühe ausstehen besonders schwer fällt, hat mich kind noch zwischen tür und angel informiert bzw daran erinnernt, dass er doch einen neuen rasierer braucht, weil er den für die reise am samstag unbedingt haben muss. warte, was? wie? ich war wach, plötzlich und in mir vermischten sich tausende gefühle. 
ja, ehemaliger "zwerg" ist 15, das habe ich mitbekommen. ich weiß und sehe, dass er täglich größer wird, alle seine mitschülerinnen von oben anschaut, größer als seine lehrerinnen ist. ich weiß, dass seine turnschuhe wie boote auschauen und unsere katzen darin locker sich ein nachtquartier machen könnten. aber das wort "rasierer" hat mich irgendwie... überrumpelt. ok, gut. männer haben haare im gesicht, das ist von der natur so vorgesehen. die reise am samstag, lange geplant und doch so plötzlich gekommen, hat mir dann den rest gegeben.
"zwerg" ist am samstag für zwei wochen ins ausland geflogen, seine erste sprachreise mit der schule, seine erste große reise völlig ohne uns. natürlich in begleitung, sogar mit seiner lieblingslehrerin (auch mit meiner), aber alleine, weit, lang. bis donnerstag morgen habe ich das irgendwie verdrängt, aber da er nun mal packen musste, tja, musste mutter auch aus ihrem traum aufwachen. mein blick ging zum mann, der meinte, wir sind dann völlig alleine und grinste. ich nicht, ich bin wortlos zur arbeit gegangen. um mir den rest zu geben, meinte dann der mann, als er einige minuten später zur bimstation nachkam, nächstes jahr sind wir dann sechs monate alleine. der wunsch, ihn auf die schienen zu stossen, war dann doch nicht stärker als die vernuft. 
tja, einige stunden später habe ich zu rotieren begonnen. erstens, weil ich am freitag den ganzen tag eine weiterbildung hatte und nicht zum einkaufen gekommen bin. und zweites... hier sich bitte eine alte und ausgelutschte phrase vorstellen, aber ja, das ging mir jetzt doch zu schnell.
die letzten jahre sind an uns allen vorbeigerannt, buchstäblich. in meinem gefühl hat die pandemie mindestens ein jahr für uns alle verschluckt und ich für meinen teil weiß oft nicht, welches jahr wir haben bzw wundere mich, dass es schon 2023 ist. wo ist 2020 hin, 2021 war doch noch nicht? und in dieser zeit wurde aus zwerg ein riese. er ging auch in dieser zeit von dem schon beschriebenen launischen individuum zu einem... sagen wir es mal sanften riesen. er ist ruhiger, ausgeglichener, bodenständiger geworden, die launen haben ihn nur noch selten im griff. hie und da etwas hysterie, vor allem, wenn er für die schule was machen muss und es doch in letzter sekunde macht, aber sonst kann man überraschenderweise wieder mit ihm reden. in einem normalen ton. bei ihm und bei mir. vielmehr, ich genieße seine gesellschaft unverschämt. er ist der cooles gesprächspartner, der entspannteste reisepartner, schaut sich mit mir jeden film, jede oder, jedes stück im theater an, er war letztens sogar in einer balettaufführung, die war "nicht ganz meins" war, aber er hat sie das stück interessiert angeschaut. ich halte in solchen momenten inne und weiß, dass das ab morgen anders sein könnte, aber ich genieße den moment unverschämt. 
nun macht er seit gestern die stadt der liebe unsicher, ab dienstag fahren sie dann in eine andere stadt, wo sie auch zur schule gehen werden. noch bin ich cool, aber schauen wir, wie das in einigen tagen sein wird. die fotos, die uns die lehrerinnen schicken, schauen nach einem riesenspaß aus und ich freue mich für ihn...und denke dabei auch stark an mich und die zeit, als ich flügge geworden bin. 
ich war genau 15, als meine mutter uns in ein anderes land, sagen wir es nett, bracht, sagen wir es weniger nett, verschleppte und ab da began mein pendeln zwischen meinen eltern, zwischen zwei ländern. die erinnerungen daran ist noch lebendig, als wären nicht 35 jahre vergangen und ich weiß noch, wie groß, erwachsen, reif ich mich gefühlt habe, ewig lang allein mit dem zug fahren zu dürfen. später, als das eine land eine neue politische form bekommen hat, musste ich sogar auf dem weg umsteigen, auch das war für mich "super leicht, schaffe ich doch mit links". ich würde lügen, wenn ich behaupten würde, ich wäre nicht jedes mal super aufgeregt worden, aber die selbständigkeit, die mir diese reisen gegeben haben, das selbstbewußtsein, das sie geformt haben, ist bis heute hier. nie habe ich nur einen gedanken daran verschwendet, wie sich meine eltern fühlen, ob sie angst um mich hatten (keine handys, keine kommunikation für 12 und mehr stunden, je nach weg), ich wollte auf den weg, ich wollte reisen, ich wollte meinen vater sehen, ich wollte "frei" sein, die welt war groß und ich war neugierig. an dieses gefühl denke ich in den letzten monaten oft, jahrzehnte später fühle ich, wie ein stück der jungen frau, die mit ihrem koffer alleine quer durch europa gereist ist, sich gerade regt. back to the roots so zu sagen.
ich habe nie aufgehört zu reisen, auch als familie waren wir schon quer durch die welt unterwegs, intensiv, viel, von anfang an. dennoch haben die letzten jahre, nicht nur wegen der pandemie, einiges an stillstand gebracht. natürlich hat corona uns alle eingebremst, wie gesagt, die zeit ist geradezu stehen geblieben. dennoch fand ich es in den letzten monaten, als würde der stillstand mehr sein als nur eine nachwehe der pandemie. irgendwas... hat vor allem mich eingebremst, irgendwas hält mich zurück, obwohl ich mich doch nur durch bewegung definiere. und diese muss wieder alltag werden.
bei aller sentimentalität über das viel zu schnelle wachsen des pubertiers des hauses, ich bin froh, dass er die bewegung hat, dass er unterwegs sein kann, dass er die welt kennenlernen darf. diese erfahrungen sind gold wert, unbezahlbar, wichtig. mit seinen freundinnen dies tun zu können, umso beeindruckender. nur habe ich das gefühl, zurück geblieben zu sein und da muss ich für mich ansetzten. denn dem kind wachsen flügel, was gut und natürlich ist, aber ich muss meine abstauben und neu ausbreiten. 
wenn er nächstes jahr ein semester in frankreich verbringt, nehme ich das als anlass auch für mich etwas spannendes, neues zu finden, was mich aus dem stillstand bringt. verlassen eltern auch das nest, wird diese metapher auch so verwendet? keine ahnung, aber ich tue es jetzt einfach, für uns beide. es darf, nein, es muss gerade so sein. in welche richtung wer fliegt, wird die zeit zeigen, das nest wird da sein, wenn wir wieder zurück wollen. 


 



Samstag, 31. Dezember 2022

vor dem jahr, das auf drei endet

noch fünf stunden und das jahr 2022 wird auch zur vergangenheit gehören. der abend, auf den alle warten, alle pläne, super erwartungen haben, parties organisieren, sich geradezu überschlagen was man besonderes tun könnte. 

ich kann mich an zahlreiche silvernächte erinnern, die wirklich etwas besonderes waren. mit der familie als kind war das die zauberhafteste nacht von allen, wenn weihnachten war in meiner kindheit kein fest mit geschenken, silvester jedoch schon. die erwartung, die verbreitung, der sauber, alles das assoziiere ich eben mit der silvesternacht. später wurden es die intensiven parties mit freunden, lange bei meinem vater, dann auch im auslandssemester mehrere jahre hintereinander. mit tonnen von schnee auf dem roten platz, in dem lang, welches ich seit 22 jahren nicht gesehen habe und wohl auch nicht so bald sehen werde. mit internationalen freunden, jeder mit anderen traditionen um mitternacht, voller hoffnung, erwartungen, vorsätze. 

seit jahren habe ich keine neujahrsvorsätze mehr. seit junior auf der welt ist, ist silvester eher ruhig, anfänglich, weil das baby/kleinkind nun geschlafen hat, später, für eine kurze zeit, war seine aufregung dabei sein zu dürfen genug, um auch mich mit freunde zu erfüllen. nun ist er teenager und die pure aufgeregtheit, dass er bis mitternacht auf bleiben darf, ist schon längst nicht so spannend. 

knapp fünf stunden noch und wir schlittern in ein jahr, das auf drei endet. sollte sich jemand an einen post vor zehn jahren erinnern (ja, so alt ist der blog schon und sogar länger, auch wenn ich immer weniger schreibe), sind in meiner familie und in meinem freundschafskreis unzählige leute in einem jahr mit drei am ende geboren. seit dem alten beitrag, der hier als erinnerung zu finden ist, haben wir in der familie leider zwei menschen verloren, die nächsten jahr runde geburtstage gefeiert hätten, um so mehr möchte ich diese hoch leben lassen, die mit uns sind, die uns lieben und mit uns sein wollen. 


also habe ich doch einen vorsatz: so oft und so viel dabei zu sein, wenn runde geburtstage im jahr 2023 gefeiert werden. und wenn ich dabei noch 50 orte schaffe (angelehnt an den damaligen plan, 40 zu sehen, die ich leider nie dokumentiert habe, ev. gelingt mir das heuer), wird das ein gutes jahr. gesundheit und frieden sollte uns alle begleiten, familie, freunde, nach den pandemiejahren und den politischen ereignissen heuer bitte die ganze welt. alles andere schaffen wir dann schon.  

Dienstag, 29. November 2022

von der adventzeit

 wie jedes jahr kommt auch heuer der erste advent überraschend. plötzlich, gerade noch im urlaub gewesen, steht die adventzeit vor der tür. die stadt hat sich verwandelt in einen einzigen riesigen adventmarkt, die samstage werden zur hölle, man sollte plötzlich sich mit diversen wünschen auseinandersetzten, den eigenen wunschzettel überlegen, sich den kopf zerbrechen, was XY, der schon letztes jahr wohl mit dem geschenk nicht zufrieden war, heuer bekommen sollte, damit die sachen - immer von mir genau, gründlich und liebevoll ausgesucht - dann irgendwie in den tiefen der zimmer verstauben. gleichzeitig sollte man zu hause dekorieren, für das (mittlerweile) jugendliche kind weihnachtliche stimmung verbreiten und sich mit ihm freuen. ich bin erschöpft nach dem ersten absatz, dabei ist es nicht mal dezember. 

nachdem am sonntag liebe freunde aus dem ausland da waren, freunde, die wir nur einmal im jahr sehen - auch wenn ich sie am liebsten täglich sehen würde, aber tja, das ewige thema der entfernung - habe ich punkt eins, dekoration zum thema weihnachten, zu hause erledigt. abgehackt, punkt eins fertig. die geschenkeliste ist großteils fertig, einige punkte sich noch mit einem fragezeichen versehen, der briefträger macht überstunden und hasst mich seit einigen tagen leidenschaftlich. die frage, was ich mir wünsche, konnte ich bis jetzt erfolgreich vermeiden, denn auch heuer habe ich keine antwort darauf. langsam bin ich wohl alt genug, keine materiellen wünsche mehr zu haben. und je mehr ich darüber nachdenke, umso mehr sehe ich, dass ich nur noch zwei sachen will, reisen und zeit mit menschen, die ich liebe, verbringen. oder die zwei aktivitäten verbinden. 

neben der jährlichen überraschung, dass advent plötzlich da ist, weihanchten vor der tür und ich jetzt, von einem tag auf den anderen, in dieser besonderen, zauberhaften stimmung sein sollte (die ich ehrlich das letzte mal als kind gefühlt habe, wenn überhaupt), überschlagen sich genauso plötzlich termine zu diversen weihnachtsfeiern. institut eins, institut zwei, sogar alte institute, an denen ich schon ewig nicht mehr, schicken einladen. die arbeit vom mann, die schule vom kind, weihnachtsfeier von diversen vereinen, aktivitäten des juniors wollen uns sehen, mit uns trinken und auf die "stille" zeit anstoßen. alleine der blick auf meinen kalender ermüdet mich. gleichzeitig weckt die zeit auch in mir den wunsch, menschen zu sehen, die ich lange nicht gesehen habe, leute einzuladen, mit menschen zeit zu verbringen, die mir lieb sind. aber wann, das ist hier die frage? und wer ist nicht erschöpft von vielen pflichtterminen im advent? 

einige jahre habe ich ein adventexperiment gemacht, ich habe mich in der zeit völlig aus socialen medien, diversen online plattformen etc. herausgekommen. einige male wurde der computer zu hause, außer in ausnahmefällen punkt arbeit, nicht eingeschaltet. dies ist mir mal mehr mal weniger schwer gefallen, irgendwann hat aber dieses "fasten" an wichtigkeit verloren. oft klicke ich gar nicht auf diverse plattformen, einiges ist mir egal geworden. wozu dann darauf verzichten? 

wieder ein anderes mal habe ich aufgehört nachrichten zu schauen, irgendwas sonst zu schauen. seit einige politischen ereignissen in der welt, die heuer seit februar meinen alltag indirekt begleiten, ist das auch nichts neues und nichts. um kein magengeschwür zu bekommen, muss ich einiges eh stark reduzieren. 


bin ich nun der personifizierte grinch? nein, ich glaube nicht 100%, aber es gibt momente, wo ich mir wirklich wünsche, den dezember in einem land zu verbringen, wo weihnachten keine rolle spielt, wo das leben normal läuft und man den jährlichen maraton nicht hat. nicht mitmachen? das probiere ich sowieso. sich das aussuchen, das einem gefällt? auch das mache ich schon sehr lange. aber wie die sehnsucht ersticken, die in einem dennoch entsteht, einem verlangen, etwas besonderes zu machen nach dem ersten schock, dass die zeit schon da ist? im bett bleiben und die welt ignorieren? kein weg. sich sein eigenes gewicht in keksen anfressen? auch unpraktisch. den vollen kitsch mitspielen? kaum auszuhalten. ich spiele auch diese jahr, wie jedes jahr, etwas das spiel mit, lade heuer niemanden zur einer kleinen feier ein (wieviele schaffe ein mensch, ohne durchzudrehen?) - ev erst später im jahr - und lese bücher, die hier ewig herumliegen, nichts mit weihnachten zu tun haben. und hoffe, dass mich das ende dieser zeit genauso überrascht - nun aber positiv - wie der plötzliche anfang. 





Dienstag, 5. Juli 2022

von einigen alten und neuen gedanken

der sommer und die hitze hat uns fest im griff diese tage, so sehr, dass ich kaum noch denken kann und rennend zwischen arbeit, zu hause, pubertier und doch wenigstens etwas freizeit, bin ich in erster linie ... atemlos. die letzte schulwoche hat angefangen, sie kann nicht schnell genug um sein, dann hat wenigstens das pubertier seine ruhe und kann die freie zeit genießen. frei ist allerdings relativ. der nicht mehr so kleine junge mann fährt in einigen tage das erste mal alleine ins ausland, die aufregung ist groß. ich glaube, bei mir fast größer als bei ihm. letzte woche war er auch das erste mal seit der pandemie mit der schule für eine woche weg, welch ein ereignis. und als mir mehrere bekannte zur "freien" woche gratuliert habe, muss ich wirklich schlucken und bin etwas ins grübeln gekommen. 

vor 12 jahren habe ich diesen beitrag hier geschrieben, der immer noch einer der meistgelesenen ist im blog, auch wenn ich schon lange leider nicht regelmäßig schreibe. chinesischer zirkus, die metapher mit den rotierenden tellern, gefällt mir bis heute ausgesprochen gut. mir gefällt es auch gut, jetzt, soviele jahre später, dass ich damals schon mein familienleben/arbeitsleben als teamarbeit gesehen habe, da war ich schon immer an der richtigen stelle. da ich am abend, bis heute, immer noch die teller vor

meinem innere auge sehen kann, würde ich heute allerdings, modern und fancy, das als "mental load" bezeichnen. ich weiß nicht, ob dieser ausdruck vor 12 jahren schon da war, ich kannte ihn auf jeden fall nicht. nun ist er etwas, was mir überall begegnet und welcher immer wieder mich noch mehr grübeln lässt.

ich bin eine alte faministin. da ich in einigen wochen 49 sein werde, kann mich langsam wirklich als "alt" in diesem punkt bezeichnen, denn seit ich denken kann, ist das thema gleichberechtigung, frauenrechte, webliche lebenskonzepte, was "macht eine frau und was nicht" ein thema in meiner familie. zuerst in meiner herkunfsfamilie, nun auch in der, die ich gegründet haben. einiges, was heute thematisiert wird, war im hause p schon in den 1970ern eine selbstverständlichkeit. reden wir davon, warum. weil ich künstlereltern hatte, die nie mainstrem waren, sich nie an gesellschaftliche normen orierntiert haben und denen sämtliche vorgegebenen konzepte fremd waren? möglich... weil ich eine mutter hatte und habe, die sich nie in vorgegebene rollen hineinpressen hat lassen und immer fand, dass sie als frau alles gleich machen darf, wie männer? ebenfalls sehr möglich. weil sie beide hochgebildet, liberal, weltoffen und vereinfacht gesagt, einfach cool waren? ja, vielleicht. war es aber ev. das land, in dem ich meine ersten lebensjahre verbracht habe, welches durch die nicht immer gute politische richtung die frauen emanzipiert hat, wie kein anderes westliches land das je gemacht hat und teilweise bis heute nicht getan hat?  auch eine antwort. die wahrheit liegt aber wohl in der kombination all dieser theorien. also wurde klein lena so erzogen, wie sie erzogen worden wäre, wenn sie auch ein junge gewesen wäre, liberal, offen, ohne vorgegeben normen und nie, aber auch nie hat sie den satz "du darfst/muss das (nicht) machen, weil du ein mädchen bist" gehört. ja, meine eltern waren cool, ich bin ihnen bis heute sehr dankbar. 

mit 15 wurde ich in dieses land, in eine für mich fast parallelwelt, gebracht. und ab da wurde ich glühende verfechterin meiner menschenrechte, meiner frauenrechte, meiner gleichberechtigung. mein recht unangenehmes zu hinterfragen hat so mache diskussion entfacht, so mache person war danach beleidigt, so macher hat sich auf den schlips getreten gefühl. mir war das immer egal, in meinem jugendlichen enthusiasmus fand ich es wichtig, einiges anzusprechen, ohne rücksicht auf verluste. ich war laut, direkt, habe gegen sämliche vorgegebenen/erwarteten bilder von weiblichkeit rebelliert. meine erste, 15 jährige beziehung, war alles andere als traditionell, schon gar nicht kleinbürgerlich, für mich das absolut verhasste wort. ehe? nein, danke. kinder? na ja, wären wohl willkommen gewesen ab einem gewissen alter, aber nur unter bestimmten bedingungen. ich als hausfrau, mutter, eherfrau? eine schreckliche vorstellung alles in einem. war ich immer sympatisch? das wage ich zu bezweifeln...aber ich wusste, was ich wollte, das kann man wirklich sagen. 

wenn ich heute mein leben anschaue, weiß ich in einigen punkten nicht, wie ich mir selbst das erklären sollte, denn es sind... sagen wir es mal... hoppalas passiert. oft habe ich mich in den letzten jahren dabei erwischt, von meinem lebenskonzept als "kleinbürgerlich" zu denken und mich zu fragen, ob es wirklich so kommen musste. bei einigen punkten bin ich immer noch, nach 17 jahren ehe, überrascht und möchte mich umdrehen um zu schauen, wer diese frau ist, von der man in diesem kontext spricht. die tatsäche, dass ich in eine wirklich kleinbürgerliche schwiegerfamilie geheiratet habe, lässt mich auch nach vielen jahren tief luft holen, die junge lena wäre wohl schon 100 mal explodiert. frau hat diverse kompromisse gefunden, ok. im großen und ganzen wurschteln wir uns durch. die tatsache, dass ich einen zukünftigen mann erziehe, hat auch einige punkten in mir... nicht verändert, aber nun aus einer anderen perspektive sehen lassen. ich hoffe innständig, dass ich da einiges richtig gemacht habe. 

wenn ich allerdings die lebenskonzepte in meiner umgebung beobachte, werde ich aber immer wieder innerlich zu der 15 jährigen aktivistin. wir sind nun ende 40, fast 50. viele haben schon erwachsene kinder, teilweise enkelkinder, zahlreiche ehe sind in die brüche gegangen. altersarmut wird plötzlich ein thema bei einigen frauen. alleinerziehende mütter, die um grundlegende sachen kämpfen müssen. frauen, die von den männern völlig abhängig waren, frauen, die sich jahrelang auf die letzte stelle gestellt haben. und dann, immer wieder virtuelle begegnungen mit jüngere müttergeneration, die mir den glauben an die menschheit nehmen. klassische rollen, egal wohin ich schaue. wie ist in den letzten jahrzehnen nichts passiert, bitte? 

nichts ist natürlich nicht passiert, aber nicht genug. immerhin wird über einigen themen immer mehr gesprochen, auch wenn wenig gehandelt wird. oder zu wenig. immerhin gehen einige statistiken in die richtige richtung, auch wenn die entwicklungen im schneckentempo passieren. immerhin darf ich einiges laut sagen und es wird wenigstens genickt, während ich vor 30 jahren noch groß angeschaut wurde. aber es ist alles viel zu wenig...

immerhin haben wir nun den ausdruck "mental load". das, was frauen schon immer geleistet haben, das, was schon immer da war, das, was auch ich gefühlt und nicht benennen konnte, hat nun einen namen, es werden bücher über das thema geschrieben, artikel verfasst, darüber gesprochen. auch wenn ich es wichtig finde, diesen ausdruck zu kennen, sich mit dem, was dahinter steckt, zu beschäftigen, sehe ich dennoch, dass das benennen des problems nicht die lösung ist. oft sehe ich nicht mal einen kleinen schritt in richtung lösung. woran liegt das nun? an der mentalität? an der tatsache, dass viele frauen sich keine gedanken machen wollen? dass man immer noch das konzept von "frauen gehören zu den kindern/zum haushalt" festhält? dass die meisten männer immer noch nicht dazu erzogen werden, die arbeit, die erziehung, den mental load zu teilen? dass wir frauen einige konzepten immer noch unterstützen? nicht rebellieren? nicht aufschreien? oder nicht gehört werden? 

mich hat das leben... in vielen sachen nach hinten geworfen. der wille zum kompromiss, der wünsch doch ein kind zu erziehen mit jemandem, der einen anderen lebensstill vorgelebt bekommen hat (sorry G. solltest du das lesen) und in dem einigen konstrukte tief sind, auch wenn er weiß, dass sie falsch sind. und wenn ich ehrlich bin, sind einige sprüche, die ich mit 15 so empörend gefunden habe, auch bei mir nicht abgeprallt, leider. das permanente schlechte gewissen, welches unsere gesellschaft der frau in dem moment, wo sie mutter wird, in die hände wie einen begrüßungsstrauß überreicht, beginne ich nun jetzt, nach 14 jahren, nur langsam zu zerrupfen. und ich hätte oft lust frauen, denen ich im leben, in natura oder virtuell, begegnen, mit diesem strauß auf den kopf zu schlagen, wie im zeichentrick film. so wurde mir heute virtuell erklärt, dass die hausarbeit wichtig ist und man sie erledigt muss, bevor alles andere passieren kann und dass diese für die person (weiblich wohlbemerkt) "me-time" bedeutet. also die hausarbeit. was antwortet man darauf? warum definieren frauen sich selbst so? würde ein mann das gleiche schreiben? ich wage es zu behaupten, nein. 

was wollte ich eigentlich in diesem langem text sagen, außer, dass ich den blog wieder mal beleben wollte? dass ich frustriert bin? ja, teilwiese schon. dass ich über die frauen, denen ich täglich egal auf welcher plattform begegne, teilweise schockiert bin? ja, das auch. dass ich mich selbst oft in momenten erwische, die ich vor 30 jahren abgelehnt hätte, mich selbst ausgelacht hätte? ja, leider das auch. dass man sich vor allem als frau endlich mit sich und seinem eigenen "mental-load" beschäftigen wollte? jep, auch das. und dass ich bei der definition "freie woche", nur weil das kind nicht da war, schlucken musste? ja, vor allem das. denn die tatsache, dass das pubertier nicht da war, hat meine woche nicht frei gemacht. alles andere war ja immer noch da. und ich glaube, er ist so ziemlich der einige 14 jährige, der nicht nur emotiv, sondern auch anders von seiner mutter vermisst wurde. er schafft es nämlich schon in seinen jungen jahren etwas zu tun, was so mach erwachsener mann nicht kann: mir ein teil des mental - loads abzunehmen, wenn er da ist, läuft einiges leichter. ich weiß nicht, ob er sich dessen bewusst ist, ob er weiß, welches lob das aus meinem mund ist. nun wird er von den 9 ferienwochen genau zwei da sein.... es wird ein langer, heißer, arbeitsreicher und mühsamer sommer. 


             

 

 

 


Montag, 10. Januar 2022

von möglichkeiten sich fit zu halten

noch bevor ich mich daran gewöhnt hatte, ferien zu haben, sind diese schon um. zwei wochen sind buchstäblich verpufft, heute morgen ging das chaos wieder los. wecker auf sechs uhr, das pubertier irgendwie aus dem haus schaffen, dann sich selbst treten und losziehen zur arbeit, unterricht den gesamten tag. morgeng wieder inkl. unterricht am abend. und dann wieder noch mal und so bis ich am freitag mittag fertig bin, mit der arbeit und der welt meistens. 

in den letzten jahren hat sich bei mir beruflich einiges verändert. während früher der unterricht einen teil meiner arbeit ausgemacht hat, den teil, den ich am meisten liebte, unterrichte ich nun eigentlich nur noch. immer wieder denke ich mir, man sollte gut überlegen, was man sich wünscht, denn vor jahren war genau das mein wunsch, der unterricht sollte meine hauptarbeit sein. tja, das universum hört mir gut zu, dieser wünsch wurde erfüllt. während ich eigentlich meine arbeit immer noch sehr leidenschaftlich ausführe, wundere ich mich oft über mich selbst, woher ich die energie noch finde so viel zu geben, wissen zu vermitteln, für die studis da zu sein, stundenlang zu reden, zuzuhören, zu trösten, zu verstehen, zu geben. gegen donnerstagabend bin ich meist schon völlig ausgequetscht, am freitag zu mittag wünsche ich mir zwei tage, wo ich mit niemandem reden muss. aber ab morgen funktioniert es dann doch wieder. 

die letzten zwei jahre waren allgemein enorm kräfteraubend. eigentlich ist allen klar warum, ich werde dem thema sicher noch einen text widmen. im moment sei nur erwähnt, dass ich irgendwann letztes jahr so weit war, mich in ein loch zu verkriechen und mich dort für monate zu verstecken. und da dies nicht ging, habe ich beschlossen, etwas für mich zu tun, mir selbst etwas gut zu tun und mich wieder fit zu machen. die frage war nur, wie?

wer mich kennt, weiß, dass ich nicht sportlich bin. in wahrheit mag ich sport überhaupt nicht, wintersport noch weniger als sport im sommer mit der ausnahme vom schwimmen, welches ich am liebsten im meer mache. schwimmbad ist auch ok, kostet mich aber enorm viel überwindung und überhaupt, wenn das wasser nicht salzig ist, ist der spaßfaktor sehr gering. alles andere an sportarten interessieren mich nicht, einige finde ich umwelttechnisch eine katastrophe, andere gefährlich, bei anderen muss man sie wohl gemacht haben, als man noch windel getragen hat, um sie zu mögen. somit drehte ich eine extra runde mit dem hund und suchte da nach keinen neuen möglichkeiten. 

in einer familie von im kopf beweglichen menschen aufgewachsen, fiel mir nichts anderen ein, als mich geistig fit zu halten. etwas neues tun, etwas neues lernen, reisen, meine hauptsächliche energie - und kraftquelle geht ja seit fast zwei jahren nicht, also etwas neues, aufregendes, tolles. somit habe ich - wie auch die bessere hälfte - mich wieder auf der universität eingeschrieben. wie zwei 18 jährige, aufgeregt und interessiert. interessiert... er sicherlich mehr als ich, denn nachdem ich alle curricula und alle studienrichtungen angeschaut habe, die die stadt bietet, habe ich verstanden, tja, mich interessieren nur fächer an der fakultät, die ich nie verlassen hatte, an der ich seit ich 18 bin nun mal bin. ob als studierende oder unterrichtende, das ist nun mal mein platz. diese tatsache hat mir einerseits sehr gut getan, denn ja, ich habe schon vor jahren das studiert, was ich wirklich liebe. auf der anderen seite hat es mich frustriert, denn ich wollte doch was neues lernen. einige semester geschichte haben mir gezeigt, nein, geschichte gut und recht, leidenschaft geht alledings anders. aber wie halte ich mich nun geistig fit, was mache ich neues außer lesen, was hier sowieso eher sport als hobby ist? das offensichtliche war so nah, sprachen.

ich spreche einen haufen sprachen. wenn wir genau sind, sieben fließend, auf muttersprachen bis c2 niveau. ich kann diese und es gefällt mir enorm, dass ich sie kann, dass ich so viele nationen verstehe, dass ich mich so international bewegen kann. zwei weitere habe ich in der schule gelernt, verdrängt und ich könnte zur not wohl dort überleben, aber eine liebe zu diesen sprachen ist nicht wirklich da... und dann ist dann noch...spanisch. zu spanisch habe ich eine magische verbindung, seit ich 17 war. vor vielen jahren, in meiner schule am ende des landes, in dem dorf, in dem ich die schönsten jugendjahre verbracht hatte, hat sich ein junges mädchen aus chile verirrt, das die sprache erlernen wollte. es konnte nichts, außer spanisch, es war das erste mal alleine so weit von zu hause entfernt. und ich konnte unmengen an sprachen, nur kein spanisch. also saßen wir da und sprachen mit dem wörterbuch. wort nachschlagen, zeigen, umgekehrt. bis sie so weit deutsch konnte, dass eine kommunikation möglich war. nach 10 monaten konnten wir miteinander kommunizieren, die freundschaft war aber schon vorher trotz sprachlosigkeit tief, fest und für immer. als sie wieder nach hause flog, nahm ein stück von mir mit und hinterließ die liebe zur sprache, zum land, zum kontinent, die die ihren waren. 

trotzdem ist mein spanisch bis heute... so gut wie nicht vorhanden. immer kam etwas dazwischen, immer war was anderes wichtiger, nie konnte ich die sprache besser lernen. einige anfängerkurse, dann wieder pause, dann wieder alles vergessen. reise nach spanien, einiges aktiviert sich, wieder alltag. so nun seit...hust...einige jahrzehnten. nie genug zeit, nie genug energie, mal braucht man das geld für etwas anderes, stehe ich heute da und bin immer noch spanischanfänger, während ich mir meiner freundin aus chile, die es immer noch in meinem leben gibt, nun auf englisch spreche. aber dieses jahr, heuer, jetzt, ändert sich das gerade. nach einem weiteren versuch in einem kurs etwas zu lernen, habe ich mir einzelstundend organisiert und die vergangenen ferien jeden tag eine privatstunde mit meinem wunderbaren spanischlehrer online verbracht. und ich fühle mich wie 8 und 88 zugleich.

mein gehirn raucht und überschlägt sich geradezu, während der nicht mehr so junge, aber sehr energetische herr mir täglich ordentlich anheizt. das passive wissen, angesammelt über jahrzehnte, schwirrt in meinem kopf, dieser fühlt sich meist wie ein bienenkorb an, in dem hunderte von insekten aus spanisch surren und mich irre machen. ich fühle mich völlig hilflos, während ich 80 % vom gespräch verstehe, aber gerade 10 % wiedergeben kann, weil mir die einfachsten wörter fehlen, wissentlich, dass ich sie mal kannte, aber ich sie im kopf nicht mehr finde. fragen nach diversen filmen, büchern, autoren, musik eröffnen erinnerungen an die zeit mit meiner freundin, als der gesamte spanische kulturkreis noch präsent war, romantitel fallen mir ein, längst vergessene liedertexte. die tatsache, dass wir auf seite 75 im buch angefangen haben, sollte mich stolz machen, irgendwie stress es mich aber auch, denn das tempo war schnell, die stunden intensiv, ich war meist atomlos wie nach einer sporteinheit. aber ich habe sie so genossen, wie schon seit jahren nichts anderes. oh ja, ich kann es noch. mein kopf funktioniert, auch wenn langsamer als vor 30 jahren, aber immer noch schneller als beim durchschnitt. ich weiß, wie spreche funktioniert, ich kenne grammatikstrukturen, ich weiß, wie was geht, oft sogar ohne alle vokabeln zu verstehen. ich bin gerne gut, die kleinen schritte und erfolge machen mich stolz. und nach den ferienwochen habe ich gerade, beinhart und ohne zu wissen, wie ich das in jeder hinsicht schaffen sollte, sei es energetisch, zeitlich, finanziell oder sonst wie, mir weitere stunden gebucht. nur ein-, zweimal die woche, aber es geht weiter. ende nicht in sicht, bis ich wohl meine lieblingsautorin im original lesen kann. oder endlich ein flugzeug nach chile nehmen darf und mit meiner freundin aus spanisch reden kann. oder sonst was.

somit kommt zu meinem stressigen alltag noch das, sprache lernen. vokabeln lernen, zehn mal das gleich wort nachschlagen, bis ich es endlich kann, mich über mich selbst dabei ärgert, unregelmäßige verben lernen, im stress hausübungen schreiben. klingt furchtbar? hätte ich auch vor jahren gefunden. jetzt ist es wie ein urlaub, eine erfrischung im alltag, eine brise frischre luft, die nach reisen riecht. sport? nein? gehirnsport? oh, ja. ein marathonlauf könnte mich nicht fiter halten, würde mir aber nicht mal ein bruchteil der freude bereiten. somit buche ich heuer als neujahrsvorsatz keine mitgliedschaft im fitnessstudio, die ich dann eh umsonst zahlen würde, sondern einen weiteren block an spanischstunden. und wer weiß, vielleicht kann ich in diesem sommer endlich doch einige wörter irgendwo anwenden, mit vorliebe irgendwo mit meeresblick.