Freitag, 21. April 2017

von alltagsschnipseln

ich weiß gar nicht, wie das so schnell passiert ist, aber wir sind nun seit fast 4 monaten hier. jeden tag aufs neue möchte ich wieder etwas schreiben, ich laufe dauernd mit ideen herum, war ich alles berichten könnte, mal geistreich, mal eher fad. oft habe ich einen beitrag angefangen und genauso oft wieder gelöscht. ostern ist vorbei, 2 wochen schulferien ebenfalls. die bessere hälfte war da und ist schon seit 5 tagen wieder weg und der alltag hat uns wieder. wie schaut denn dieser nun aus, nach fast 4 monaten? heute einige schnipsel davon.

wir haben die woche nun recht gut strukturiert und es läuft mehr oder weniger gut. eines der wirklich tollen Sachen hier ist, dass alles etwas später anfängt. während wir im süden um 6 uhr aufstehen müssen und kind um 8 uhr schon in der schule sitzt, fängt hier die schule um 9 an. das gibt eine extra stunden zum schlafen, sogar 1,5 wenn wir beide etwas schneller wären in der früh. der schulweg ist um einiges kürzer, zu fuß gerade mal 15 minuten, mit dem schulbus sind es gerade mal 5. kind liebt diesen und da er ihm durchaus mehr selbständigkeit bietet, fährt er täglich beide wege damit und so kann ich um 8:45 meinen tag beginnen.

ich bin keine frühaufsteherin, ich bin allerdings auch leider niemand, der lange schlafen kann. 5 Uhr ist eindeutig zu früh, 6 uhr ist hart an der grenze, 9 uhr wäre es zu spät. somit passt das schottische schulleben auch mit meinem biorhythmus überein und wir fangen die tage recht entspannt an. kind geht deshalb nicht später zu bett, sondern ist das erste mal seit jahren ausgeschlafen und ohne augenringe. also nur positiv. wäre schön, wenn wir das auch im herbst beibehalten könnten, wird sich allerdings nicht wirklich machen lassen.

die schulen hier gehen alle mindestes bis 15 uhr, die von kind bis 15:10. die älteren kinder, also ab 13, haben teilweise noch länger unterricht, 15 uhr finde ich im moment recht angenehm. zwar jammert oft das kind, er hätte danach wenig zeit (wobei ich das nicht verstehe, weil er auch im süden oft so lange, wenn nicht länger, nicht zu hause ist ;)), da er aber absolut in seine lehrerin verliebt ist, findet er die zeit in der schule selber super. ich glaube, mit ihr würde er auch 24 stunden in der schule bleiben ;) es ist auch mittlerweile zum alltag geworden, über sie zu schwärmen, über sie zu reden, mit jede reaktion und jeden blick zu beschreiben, über liebe zu philosophieren und darüber, wie sie ihn jeden morgen anlächelt. er ist einfach nur reizend und ich könnte mich tagtäglich totlachen. ich glaube, ich muss auch langsam seine sprüche über sie aufschreiben, damit ich ja nichts vergesse und sie ihm später zeigen kann.

während kind also die zeit in der schule geniesst, versuche ich hier unterschiedliches zu machen. zu einem zu vorlesungen zu gehen, die unglaublich spannend und interessant sind. zum anderen entweder in der bibliothek oder zu hause meine forschung weiter zu treiben. und das geht... langsam und stetig, aber auch recht schleppend. so lange habe ich in erster linie unterrichtet, so lange lief die wissenschaft weniger als nu nebenbei. so fühle ich mich seit 3 monaten wie jemand, der lange, lange krank war und jetzt mit mühe und not wieder in sein leben finden muss. jeder schritt tut noch weh, jeder meter ist leistung, aber auch fürchterliche anstrengung. es läuft aber, wenn auch mühsam. ich habe mich von den illusionen verabschiedet, dass alles fertig sein wird, bevor wir im herbst wieder zurück sind, aber ein großer teil wird da sein. jeden tag ist ein neues stückchen da. auch wenn es klar mehr sein könnte. aber das ist wohl immer so.

was ebenfalls täglich mehr wird, bin ich selber und zwar ist das ausnahmsweise metaphorisch gedacht. ich geniesse die zeit hier so unverschämt, ich liebe die stadt, das meer, meine arbeit, die zeit hier tut mir so unglaublich gut, dass ich längst verlorene stücke meiner selbst wieder entdecke. oft habe ich schlechtes gewissen, weil es mir so gut geht, dem mann, meiner mutter, den freunden gegenüber,  die ich klar alles gleichzeitig vermissen. dem kind gegenüber noch am meisten, weil ich sofort hier verlängern würde oder überhaupt bleiben würde. aber es tut hier alles so gut. die langsamkeit, das alleine sein mit dem, was ich liebe, aber dann auch die zeit mit dem kind, die hier irgendwie noch intensiver ist. während ich regelmässig am kilometerlangem sandstrand sitze und ihm beim spielen beobachte, wünsche ich mir oft, ich könnte die zeit aufhalten, für eine zeit einfrieren. und es einfach ganz lang geniessen.

die späten nachmittage gehören uns zwei und diversen hobbies vom kind. er spielt hier seine instrumente weiter und sing im chor, alles andere haben sie hier nicht (wie zB fechten), aber da auch einiges für die schule nicht zu kurz kommen sollte, reicht das völlig. oft lassen wir uns aber auch einfach treiben, gehen zum strand, gestern sind wir im zentrum gesessen (das sind wohlgemerkt 3 strassen ;)), haben eis gegessen und die menschen beobachtet. auch das empfinde ich als enormen luxus, die zeit haben wir sonst kaum. heute waren wir ebenfalls bis eben am strand und haben damit das wochenende eingeläutet.



das tägliche abendliche lesen ist nichts, was wir hier uns ausgedacht hätten, es ist alltag, seit das kind 3 monate alt ist. vom anfänglichen vorlesen bis zum selbständigen lesen hat sich dieses ritual nun zu einer 2 stündigen sache entwickelt, denn der kerl liest in 3 sprachen und das dauert nun mal seine zeit. wenn ich davor auch noch vorlesen sollte, könnten wir direkt nach der schule beginnen. dennoch geniessen wir auch diese neue variante und ich bewundere ihn, dass er nach nur 3 monaten hier englische bücher liest und das nicht gerade die super kurzen.

auch sonst ist vieles alltag geworden. der wöchentliche gang zur stadtbibliothek, um englischen nachschub zum lesen zu holen, die fahrzeiten der buse wissen wir schon auswendig. das tägliche facetimen mit dem papa gehört genauso zur folklore, wie auch die täglichen schulmomente, die vor einigen wochen noch exotisch waren. der alltag hat uns fest im griff und es ist gut so. und wenn das kind mir auf die frage, was wir jetzt machen sollen, sagt: lass uns nach hause gehen, sehe ich, dass auch er völlig angekommen ist.


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