Sonntag, 17. Mai 2015

von der kunst zu schweigen und zu sprechen

keine drei wochen sind seit dem letzten beitrag vergangen, der für einige diskussionen gesorgt hat und mir selber sehr zum denken gegeben hat. keine drei wochen später schaut einiges so anders aus, dass mir der letzte beitrag wie aus einem anderen leben vorkommt und ich gar nicht weiß, wo ich anfangen soll zu schreiben. de facto ist ja nicht viel zeit vergangen, aber dennoch... eine woche auf dem balkan später, sieben schlaflose nächte, einige flaschen alkohol, viel balkanmusik und ein gespräch später stehe ich plötzlich da und ein teil des chaoses hat sich gelöst. viele fragen sind beantwortet, einige vermutungen widerlegt und einiges, was ich weder vermuten noch ahnen konnte, ist nun geklärt und hat mich überrascht, berührt und teilweise richtig erschüttert. seit drei tagen bin ich nun zu hause und kann und kann nicht richtig ankommen. und auch wenn ich zwerg und mann vermisst habe und klar froh bin wieder bei ihnen zu sein, scheint meine seele noch nicht ganz angekommen zu sein. sie scheint die wärme des balkans vorzuziehen und lässt mich immer wieder in gedanken dorthin zurück gehen.

nicht falsch verstehen, auch der balkan hat keinen zauberstab um alles, aber auch alles zu klären und zu verändern, was sich in der letzten zeit angesammelt hat. aber einiges an chaos ist geklärt, einiges ist wieder dort, wo es hingehört und was noch nicht ist, dreht sich langsam in die richtige richtung. einiges ist mir klarer geworden, einiges habe ich verstanden. aber das wichtigste, das allerwichtigste war ein gespräch, welches seit 1, 5 jahren überfällig war. geschwiegen habe ich, geschwiegen hat die andere seite. ich habe den schmerz gewählt, bin selber in mein schneckenhaus gekrochen und habe mich dort vor der welt versteckt. man gewöhnt sich irgendwie an alles, habe ich mir gesagt, auch an ein leben ohne diese für mich so besondere freundschaft, ohne sprechen, ohne einiges zu klären. irgendwann habe ich mich wirklich daran gewöhnt. das schweigen war mein alltag.

ich frage mich nun seit tagen, wie das überhaupt gegangen ist, wie konnte ich das ertragen? das schweigen über das sprechen zu stellen liegt mir nämlich so überhaupt nicht. ich war immer schon der typ der sofort, auf der stelle sachen klären musste und das ist in wahrheit bis heute geblieben. sehr selten habe ich die kunst zu schweigen - denn ja, für mich ist es eine wirkliche kunst - beherrscht und noch seltener länger als einige wochen durchgehalten. ungeklärte situationen machen mich buchstäblich krank und schon bald, ich glaube in der pubertät, habe ich gelernt, solche momente schnell und nach möglichkeit positiv zu lösen. sprachen liegt mir, vielleicht neben schreiben, am meisten. schweigen ist kaum meine welt, schon gar nicht dann, wenn es mit schmerz verbunden ist.

nun hatte ich wirklich das schweigen gewählt. ich habe den schmerz gewählt, der in mir immer stärker wurde, den ich irgendwann so weit kultiviert hatte, dass er die meiste zeit ruhig war. kurz ausbrüche habe ich schnell unter kontrolle gebracht und im allgemeinen chaos des lebens, der zahlreichen fragen , der fehlenden entscheidungen gehörte auch dieser punkt fast zum alltag. man gewöhnt sich an schmerzt, meine mal jemand, der mir viel bedeutet hat. ich habe ihn nicht verstanden. ich habe ihn groß angeschaut und meine nur, nein, ich nicht… nun stehe ich da und sehe, dass ich mich daran gewöhnt hatte. unbewusst, unfähig passend zu reagieren, nicht in der lage mit eigenem schweigen umzugehen, hatte ich mich daran gewöhnt. die gefühle, gut zusammengepackt und tief in der seele vergraben, drohten zwar von zeit zur zeit zu entkommen, aber ich hatte sie schnell wieder gefangen. und mit ihnen so viel weiteres, was zwar immer wieder ausgebrochen ist, aber spätestens bis zum abend wieder gut verdrängt in meiner seele war. ist es tatsächlich eine kunst zu schweigen? wie war das mit dem schweigen als gold? ich habe diese und so viele weitere angebliche positive seiten des schweigens in der letzten zeit wirklich vermisst und mich eigentlich nach dem silber, dem sprechen, so sehr gesehnt.

und dann kam der balkan. der balkan, der meine seele aufreisst, der alle versteckten gefühle aufzeigt, gnadenlos und ohne rücksicht auf verluste in mir fühle zulässt, egal wie tief etwas versteckt ist. der alle dämme reisst und mich mit allem möglichen überflutet um dann, schritt für schritt einiges zu klären. so sassen wir dann in einer nacht und haben gesprochen. und gesprochen. und während bei mir so manche träne ihren weg hinaus gefunden hat, sind gleichzeitig auch gefühle zurückgekehrt, antworten gekommen…tage später wurden auch entscheidungen getroffen, die sich gut anfühlen. einiges an traurigkeit ist jedoch geblieben. traurigkeit über das lange schweigen, über den sinnlosen schmerz, den ich nicht hätte so lange tragen müssen und über den schmerz, den ich selber - ungewollt und unbewusst, aber doch - verursacht habe. aber irgendwie fühlt sich vieles doch gut an. seit so langer zeit richtig gut. einiges an entscheidungen ebenfalls, auch wenn sie nun mal in der theorie da sind und bis zur praxis noch ein langer weg ist. aber irgendwie ist der weg richtig.

ich weiß, schweigen kann oft auch eine bereicherung sein. nicht alles muss durchgekaut werden und auch miteinander schweigen kann schön, harmonisch und gut sein. aber im konkreten fall hat es mich fast vergiftet. ich denke, dass die wahre kunst wohl darin besteht zu verstehen, wann man schweigen und wann sprechen sollte. der weg, den ich hier gewählt hatte, war eindeutig der falsche. einiges ist unterwegs verloren gegangen, einiges, bei welchem ich so gehofft habe, dass es nicht sichtbar ist. heute im gespräch mit einer lieben freundin habe ich jedoch verstanden, dass diese veränderung nicht unbemerkt geblieben ist. "du hast dein strahlen verloren" kam es als echo, in wahrheit habe ich das ja eh schon längst gewusst. somit heisst es, die neuen alten wege nun anzugehen.  und auf diesen einige antworten und mein strahlen wieder zu finden.

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